Zoff um Bild-Druckauftrag für Erdogan-Druckerei

Der Verlust des Bild-Druckauftrags bei der Frankfurter Societäts-Druckerei sorgt für Unmut.

Axel Springer will nämlich Teile des Druckauftrags der Boulevardzeitung an ein Unternehmen der ehemaligen Dogan-Gruppe verlagert, das jüngst von der Demirören-Gruppe übernommen wurde. Diese ist für ihre Nähe zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bekannt.

Jan Eric Rempel, Geschäftsführer der Frankfurter Societäts-Druckerei, ist – so der Informationsdiesnt MEEDIA – verärgert. Jahrelang hatte Axel Springer eine Teilauflage der Bild und der Welt von dem Frankfurter Unternehmen drucken lassen. Doch das ist demnächst vorbei. Überraschend lässt der Berliner Medienriese den Großauftrag zum Jahresende auslaufen. „Die Aufträge des Axel-Springer Verlages stellen für unser Haus bisher ein großes Auftragsvolumen an sieben Tagen der Woche dar. Leider hat sich Axel Springer, trotz massiver Preiszugeständnissen unserseits, nicht für eine Verlängerung entscheiden können“, erklärt Rempel gegenüber MEEDIA. Der Frankfurter Societäts-Druckerei drohen deshalb harte Personaleinschnitte. Rund 100 Stellen sollen dem Rotstift zum Opfer fallen. „Wir bedauern diese gravierenden Schritt sehr, er ist aber aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zwingend. Dies auch im Sinne der Verantwortung dem Unternehmen und der verbleibenden Belegschaft gegenüber“, so Rempel. Die Mitarbeiter protestierten inzwischen mit Warnstreiks gegen die Maßnahme.

Sauer ist Rempel vor allem darüber, wer den millionenschweren Auftrag stattdessen an Land gezogen hat. So will Axel Springer Teile des Bild-Druckauftrags künftig an die Hürriyet-Druckerei geben. „Die Aufträge werden wesentlich in die Druckerei der ehemaligen Dogan-Gruppe in Mörfelden verlagert. Diese ist vor kurzem von einer regierungsnahen türkischen Unternehmensgruppe übernommen worden“, so Rempel. Die Dogan-Mediengruppe, die größte in der Türkei, war erst vor wenigen Monaten an die Demirören-Gruppe verkauft worden. Diese ist für ihre Nähe zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bekannt. Durch den Deal gerieten Hürriyet, die einflussreichste Zeitung der Türkei, und CNN Türk, der populärste Nachrichten-Fernsehsender des Landes, auf einen Schlag unter die Einflusssphäre der Regierung. (Newspaper & Webtech bzw. newstech.net haben darüber ausführlich berichtet).

Christian Nienhaus, Geschäftsführer Print bei Axel Springer, bestätigt Überlegungen, Teile des Bild-Druckauftrags der Frankfurter Societäts-Druckerei an den Konkurrenten weiterzureichen. „Es ist möglich, dass wir einen Teil der Druckaufträge für die Bild im Frankfurt Raum an die Hürriyet-Druckerei in Mörfelden verlagern. Mit ihr arbeiten wir seit mehr als fünf Jahren vertrauensvoll zusammen“, so Nienhaus gegenüber MEEDIA. So drucke Springer hier seit Längerem Teile des Boulevardblatts für den Frankfurter Raum. Die Hürriyet-Druckerei in Mörfelden war hierzu telefonisch nicht zu erreichen.

Für Axel Springer hätte ein solches Vorgehen einen bitteren Beigeschmack. Erst Anfang des Jahres hatte sich Vorstandschef Mathias Döpfner aus einem Engagement bei der Dogan Holding TV zurückgezogen, nachdem die türkische Demirören-Gruppe ihre Fühler bei der Dogan-Gruppe ausgestreckt hatte. „Das ist ein außerordentlich bedauernswertes Zeichen für den Journalismus in der Türkei“, begründete er im Mai diesen Jahres den Rückzug. Springer war Anfang 2007 mit 25 Prozent bei Dogan TV eingestiegen und hat seinen Anteil in den vergangenen Jahren sukzessive zurückgefahren. “Da wir schon in den letzten Jahren von der Entwicklung sehr enttäuscht waren, haben wir diese Beteiligung Schritt für Schritt in einem fest mit dem Hauptgesellschafter vereinbarten Verfahren reduziert”, unterstrich der Springer-Boss bei der Vorlage der Geschäftszahlen zum 1. Quartal. Die Verkaufsabsicht habe es aufgrund einer politischen und wirtschaftlichen Entwicklung gegeben. “Dass sich das vor dem Hintergrund der aktuellen Verhältnisse nicht zum Positiven verändert hat, ist wohl klar”, betonte der Springer-Chef damals. Doch der Komplettverkauf habe nichts mit dem damals noch in der Türkei inhaftierten Welt-Korrespondenten Deniz Yücel zu tun. “Das hat aber jetzt keinen direkten politischen Zusammenhang zu Deniz Yücel oder so etwas”, so Döpfner. Yücel saß wegen Terrorvorwürfen ein Jahr in der Türkei in Untersuchungshaft. Der Fall sorgte weltweit für Schlagzeilen. Das Springer nun möglicherweise den Druckauftrag mit der Dogan-Druckerei sogar erweitert, ist zumindest bemerkenswert.

Mit dem Verlust des Springer-Auftrags stehen der Frankfurter Societitäts-Druckerei turbulente Zeiten bevor. Das Unternehmen gehört der Mediengruppe Frankfurt, die Teil der Zeitungsholding Hessen (ZHH) ist. Deren Eigentümer sind die Ippen Mediengruppe und die MDV-Mediengruppe der Familie Rempel. Zur Mediengruppe Frankfurt gehören unter anderem die Frankfurter Rundschau sowie die Frankfurter Neue Presse. Auch für Ippen-Gruppe könnte er schwierig werden. Denn Springer überprüft derzeit seine gesamte Druckstrategie: „Axel Springer passt seine Druckstrategie den Herausforderungen des Marktes an. Zum Jahresende lassen wir die Druckaufträge bei den Ippen-Druckereien in Mörfelden und Kassel auslaufen. Denkbar ist, dass hier von Mitte des Jahres auch der Standort Syke betroffen ist. Die Bild wird dann in Deutschland in 2019 an neun Standorten gedruckt werden, die Zahl kann sich bis 2020 auf sieben reduzieren“, so Nienhaus.